Wie ihr alle bereits bemerkt haben dürftet, haben wir seit kurzer Zeit eine Facebookseite von Mentaltraining Intensiv.
Das hat uns einen langen Angang gekostet, Dietgard und ich sind eher nicht so die Kundigsten (und bislang nicht die Willigsten) in diesem Metier. Da wir nun aber eine ganz fantastische Unterstützung und Betreuung zur Seite gestellt bekamen, haben wir uns an dieses Thema herangewagt.
Bereits Anfang des Jahres hatten wir uns „gepusht“ gefühlt, einen Newsletter rauszugeben, machen wir ganz brav, (haben gelernt, welche Länge, welcher Inhalt) und dann folgte auch der Ruf der „Notwendigkeit“ einer eigenen aktiven Facebookseite. So haben wir auch diesen Schritt gewagt.
Was aber hat uns all die Jahre davon abgehalten?
Ein Teil davon war die Zurückhaltung, sich zu zeigen. Wir arbeiten ja lieber im „Hintergrund“, doch damit sollte jetzt Schluss sein. Dann kam natürlich auch die zeitliche Komponente hinzu, es muss ja belebt werden. Haben wir dazu in unserem täglichen Leben tatsächlich Zeit und Lust dazu? Ok, wir haben uns committed, wir werden fleißig. Nun kam ich so kreativ wieder aus dem Dunkelretreat, dass ich Freude bei dem Gedanken fand, Blogs zu schreiben.
Beides (Facebook und Blogs) sind mit Kommentarfunktionen versehen. Und da ist es nun, das schleichende Unbehagen, wer, wie was kommentieren könnte.
Wenn ich mir Beiträge auf youtube anschaue und die dazu freigeschalteten Kommentare durchlese, überfällt mich das nackte Grauen. Es ist wie ein Eintauchen in menschliche Abgründe. Soviel Hass, Häme, Beschämung und Beleidigung würde gar nicht in einen alltäglichen Kontakt passen, dafür wäre echt die Zeit zu kurz. Kein Problem, jeder hat seine eigene Sichtweise, seine Meinung, sein Empfinden, seine Einschätzung. Aber, mal ganz ehrlich, wer will das wissen? Wenn ich in der Bahn sitze und vor mich hindenke, nicht auszumalen, was passierte, wenn alle anders Denkenden, Fühlenden, Beschämten, Dauerbetroffenen oder Hater meine Abteiltüre aufrissen und mir ihren Kübel Unrat überschütten würden? Wäre das nicht der Zeitpunkt, wo spätestens dann der Schaffner eingreifen sollte?
Würde aber gar nicht passieren, weil kaum einer die Traute hätte (nein, nicht Zug zu fahren), sondern sich zu zeigen und offen ins Gesicht zu sagen, was er fühlt, denkt und so schlimm findet, und, bitte auch zu sehen, wie der Giftpfeil trifft. Dann könnte man sich freundlich auseinandersetzen und schauen, was es tatsächlich braucht.
Haben diese Menschen denn niemanden sonst, der ihnen zuhört? Neulich sah ich einen Beitrag von einer 80jährigen Hater Oma, die sich im Netz sehr abfällig und despektierlich-beleidigend über eine Moderatorin ausließ und sich so glücklich fühlte, wie schnell und wieviele sich ihrer Meinung anschlossen. Das tut doch echt gut. Aber wem? Das Fernsehteam stattete der Hater-Oma einen Besuch ab, mitsamt der dazugehörigen Moderatorin. Die Hater-Oma freute sich echt über deren Besuch und bot allen freundlich Kaffee an. Als die Moderatorin ihr dann erklärte, wie es sich aus ihrer Sicht (schade, dass sie immer nur von „man“ sprach) anfühlte, wurde der Haterin recht schnell klar, dass es sich um einen lebenden Menschen handelt. Und, wie man sah, hatte sie gegen den „Mensch Moderatorin“ eigentlich gar nichts, fand sie sehr nett, aber sie war irgendwie beglückt und berauscht von der Menge der Geleichgesinnten im Netz. Da fühlte man sich doch gleich bestätigt. Bin ja nicht alleine mit meiner Meinung! Ja hat sie denn keine anderen Menschen, bei und mit denen sie sich im Gleichklang fühlt und das auf angenehme Weise?
Und so setzt es sich fort. Viele machen Meinung gegen viele. Die eigene Unzulänglichkeit wird gnadenlos nach außen projiziert. Ohne jegliche soziale Kompetenz oder Distanz. Eigene Schuld- und Schamgefühle und Gefühle der Unzulänglichkeit werden gegen andere gerichtet, für den kleinen Moment der Erleichterung. Wenn der andere Schuld ist, dann kann ich es ja nicht sein. Unschuldsgefühl wieder hergestellt. Wenn der andere beschämt wird, kann ich kurz mein eigenes Schamgefühl verdrängen. Wenn der andere Unzulänglich ist, hat er den schwarzen Peter. Richte ich meinen Hass nach außen, ist es wie ein Ventil, wenn ich ihn mal nicht gerade wieder gegen mich richte, oder den Selbstangriff in Angriff wandle….
Die ganz „erleuchtete“ Variante durfte ich bei einer Bekannten erleben, die sich auf die Fahne geschrieben hatte, solche negativen Gedanken und Urteile über andere zu unterlassen, was dann darin krönte, dass sie zu einer Kassiererin ging und sie um Entschuldigung bat, dass sie gerade gedacht hatte, was für eine hässliche Nase sie (die Kassiererin) doch habe. Ok, gut gemeint ist nicht gleich gut getan.
Nun setzen wir uns also auch dieser Möglichkeit aus und werden anhand der Kommentare sehen, wie es um uns bestellt ist. Welchen Reflexionen unseres Geistes werden wir hier sehen dürfen? Oder geht es auch einfach nur freundlich? Eine Kommentarfunktionen zu nutzen im Stil von: Wenn es gefällt, freue ich mich, wenn es mir nicht gefällt, ziehe ich weiter. Wäre das nicht einfach auch möglich?
Nun tauchte die Anfrage nach Präsenz bei Instagram auf. „Ihr müsst auf Instagram, Facebook ist tot, Instagram und Twitter sind jetzt hip und DIE angesagtesten Irgendwasse!“.
Während es bei Facebook noch „Freunde“ sind, werden es bei Instagram Follower. Wer folgt da wem? Wer verfolgt mich? Ich fühle mich gehetzt, denn auf Instagram wird Reges erwartet. Bilder, Posts, Belebendes. Uff, das überfordert mich maßlos. Wer will denn da mein Leben verfolgen? Und bin ich wirklich in der Lage, mein Leben so zu dokumentieren? Wie echt sind die Fotos und wer kann tatsächlich ein Interesse daran haben, was ich gestern zu Mittag gegessen habe, wieviel Kilometer ich gelaufen bin, welches Loch ich in meinem Socken entdeckt habe, dass ich jetzt neue Müslischüsseln habe, das ich im Kino war, mein Regenschirm sich nicht geöffnet hat… Ja habt ihr denn kein eigenes interessantes Leben? Als Selina Gomez, ein knapp 28 Jahre altes Mädelchen aus den USA, die bekannt ist in Film und Fernsehen, geheiratet hat, hatte sie innerhalb von 13 Sekunden Millionen von „Klicks“. Das gibt mir zu denken. Wie sehr haben wir unser Leben schon nach draußen abgegeben, das wir nur noch Second-Hand Leben haben wollen? Keiner weiß, wer dieses Persönchen tatsächlich ist, aber sie ist eine wundervolle Projektionsfläche für Sehnsucht, Hoffnung und dem kleinen Zipfel Glück. Da sitzen wir gemütlich auf der Couch und lassen unser Leben leben….
Nein, ich möchte aktuell nicht zu Instagram. Ich bin ein sogenannter Bestandsbewahrer. Zwar bin ich schnell im Denken, aber diese Art von Schnelllebigkeit sagt mir einfach nicht zu. Die Sorgen, dann nicht mehr bei mir sondern bei meinen Followern sein zu, beschwingt mich nicht. Dann die nächste Sorge, was, wenn die Follower weniger werden, schlechte Kommentare abgeben, mich be‑, ver- und aburteilen? Menschen, die weder ich kenne, noch diese mich. Deren Unmut ich erregen könnte, durch ein „unbedachtes“ Wort, eine „unglückliche“ Formulierung. Nein, ich bediene euer Ventil nicht.
Wäre hier nicht ein Social Distancing mal angemessen?
So schreibe ich weiterhin meine Blogs, lass mich inspirieren, mache mir Gedanken zu Themen und schreibe letztlich nur für mich. Das macht mir Freude, macht mich weit und glücklich.
Wenn es die gleichen Gefühle in dir hervorruft, dich inspiriert, anspricht und dir guttut, dann freue ich mich, dass wir auf einer Welle liegen, sollte dem nicht der Fall sein, dann findest du sicher deine eigene Welle, die du reiten magst, doch immer im Bewusstsein, dass es sich stets um das gleiche Meer handelt, wo sich die Wellen zwar unterscheiden mögen, nicht aber der Urgrund in seiner Tiefe.
Wie es denn im Persönlich-Zwischenmenschlichen aussehen kann, davon handelt dann der nächste Blog!